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13.09.2022

„Wir sind den Menschen nahe gekommen, weil wir dieselben Dinge in der Hand hatten“ -

Geschichte mit Hand und Kopf im Archivworkshop des Jüdischen Museums

Was kann das Tagebuch von Felice Schragenheim, in dem sie ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitslohn im Zeitraum von Oktober 1941 bis Oktober 1942 notiert hat, über ihr Schicksal aussagen? Wer Fragen stellt, so wie die Schülerinnen des Enrichment-Kurses (9/10) „Geschichte selbst machen“, konnte mit Hilfe der Archivarinnen des Jüdischen Museums Berlin herausbekommen, dass es sich um Zwangsarbeit handelte, und so einen Teil ihres Lebensweges gemeinsam rekonstruieren. Die Beziehung zwischen Felice und Ihrer Freundin Elisabeth Wust sicherte dieser zunächst das Überleben im Berlin der vierziger Jahre, ihr Schicksal in der Illegalität wurde durch die Dokumente erst für die Schülerinnen im wahrsten Sinne des Wortes „begreifbar“.

„Wir sind den Menschen richtig nahe gekommen“, so die Schülerinnen in der Auswertungsrunde im Anschluss an den Workshop am 01. und 08.09.2022 in der Akademie des Jüdischen Museums, das seit 2011 Kooperationspartner der ADO ist. Jeweils vier Schülerinnen bekamen die einmalige Möglichkeit, eine Auswahl von ca. 20 Dokumenten eines Nachlasses einer Person tatsächlich – auch – in die Hand zu nehmen und Fragen an dieselben zu formulieren. Am Ende konnten die Gruppen beantworten, ob und warum Ernst Rosenthal bereits

1935, Kurt Polley die Emigration in die USA aber nicht gelangen konnte. Die Auswahl an persönlichen Dokumenten wie Ausweisen, handschriftlichen Briefen, Tagebüchern, Fotos usw. ermöglichte es den Schülern den drei Biografien „nahe zu kommen“. Die Schülerinnen sind nun in der Lage, zu erzählen, wie drei Lebensschicksale jüdisch-gläubiger Deutscher zur Zeit des Nationalsozialismus verliefen. Dazu zählt auch, dass die Kraft einer Beziehung am Ende nicht gereicht hat, Felice Schragenheim vor der Ermordung zu schützen.

Das ist mehr als jede Geschichtsstunde und jedes Lehrbuch leisten kann. Wir danken unserem Kooperationspartner, dem Jüdischen Museum Berlin für diese bundesweit einzigartige Möglichkeit des forschend-entdeckenden Lernens mit Hand und Kopf.